I. Einem Freunde
Ich denke dein, des Herbstes Nacht durchwandelnd.
Mich friert. Ich sage flüsternd ein Gedicht.
Tief in den Bergen fallen Tannenzapfen.
Ob du nun schläfst? Ich weiß, auch du schläfst nicht.
I. To a friend
Thinking of you, walking through the autumn night.
I’m cold. My poem is a recited whisper.
Far in the mountains pine cones drop.
Are you sleeping? Your neither, I know.
(We Ying-Wu)
II. Auf einen Pfirsichzweig
Pfirsichlaub im Schimmer rosiger Blüte!
Ohne Hauch ein Zweig in sich entzückt!
Frühlingsblüte flimmert rings ohne Ende:
Liebster, du allein hast mich dir gepflückt!
II. To a peach branch
Peach leaves in the glimmer of rosy bloom!
Without breath a branch into itself delighted!
Spring flower flickers all around without end:
Dear, you alone have picked me for you!
(Tau-Yä)
III. Trennung
Weißes Gewölk steigt über den Bergen gelöst,
Scharfer Wind kommt unter den Kiefern zur Ruh.
Lockt dich, zu wissen um der Verlassenen Weh:
Schau von leerer Terrasse den blinkenden Mond!
III. Parting
White clouds lift off over the mountains,
Sharp wind calms benaeth the pines.
Enticing you knowing the sorrow of the left-behind:
watch the shining moon from the lonely terrace!
(Dschang Jung)
IV. Magnolienhag
Ein letztes Licht flammt auf entlaubten Hügeln.
Ein Strich von Vögeln zieht zum Süden fort.
Zuweilen blitzt ein Blau von fernen Flügeln.
Die Abendnebel haben keinen Ort.
IV. Magnolia slope
A last light flames on defoliated hills.
A line of birds heads southwards.
Sometimes the blue of distant wings flash at them.
The evening mist is homeless.
(Wang We)
source:
„Lyrik der Welt Lyrik des Ostens“
Carl Hanser Verlag, München/Wien 1982
translation into English Nr.I, III and IV: Karen Valentin