I. Ernste Stunde
Wer jetzt weint irgendwo in der Welt,
ohne Grund weint in der Welt,
weint über mich.
Wer jetzt lacht irgendwo in der Nacht,
ohne Grund lacht in der Nacht,
lacht mich aus.
Wer jetzt geht irgendwo in der Welt,
ohne Grund geht in der Welt,
geht zu mir.
Wer jetzt stirbt irgendwo in der Welt,
ohne Grund stirbt in der Welt:
sieht mich an.
(from: Das Buch der Bilder)
I. Solemn Hour
Whoever cries now somewhere in the world,
without reason cries in the world,
cries about me.
Whoever laughs now somewhere in the night,
without reason laughs in the night,
laughs at me.
Whoever goes now somewhere in the world,
without reason goes in the world,
comes to me.
Whoever dies now somewhere in the world,
without reason dies in the world:
looks at me.
II.
Ich bins, Nachtigall, ich, den du singst,
hier, mir im Herzen, wird diese Stimme Gewalt,
nicht länger vermeidlich
(from: Anfänge und Fragmente aus dem Umkreis der Elegien)
II.
It is I, nightingale, I, whom you sing,
here, side in my heart, this voice turns to violence,
no more inevitably.
III. (Mandelbäume in Blüte)
(Die Mandelbäume in Blüte: alles was wir hier leisten können,
ist, sich ohne Rest erkennen in der irdischen Erscheinung)
Unendlich staun ich euch an, ihr Seligen, euer Benehmen,
wie ihr die schwindliche Zier traget in ewigem Sinn.
Ach wers verstünde zu blühn: dem wär das Herz über alle
schwachen Gefahren hinaus und in der großen getrost.
(from the estate)
III. Almond Trees in Flower
(Almond trees in flower: all that we can achieve is, with
nothing remaining, to recognize ourselves in earthly appearance.)
Ceaselessly amazed by you, blessed ones, your intention,
how you carry the transient ornament in its eternal sense.
Yet whoever knew how to flower: their heart would rise
above all weaker dangers and find solace in the greater one.
IV. Schlußstück
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.
(from: Das Buch der Bilder)
IV. Closing Piece
Death is great.
We are his completely
with laughing eyes.
When we feel ourselves immersed in life,
he dares to weep
immersed in us.
Rainer Maria Rilke