Es gibt keine Stille in den Städten der Weißen. Keinen Ort, um das Entfalten der Blätter im Frühling zu hören oder das Summen der Insekten. – Aber vielleicht nur deshalb, weil ich ein Wilder bin und nicht verstehe. Das Geklappere scheint unsere Ohren nur zu beleidigen. Was gibt es schon im Leben, wenn man nicht den einsamen Schrei des Ziegenmelkervogels hören kann, oder das Gestreite der Frösche am Teich bei Nacht?
Ich bin ein roter Mann und verstehe das nicht. – Der Indianer mag das sanfte Geräusch des Windes, der über eine Teichfläche streicht – und den Geruch des Windes, gereinigt vom Mittagsregen oder schwer vom Duft der Kiefern.
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Die Luft ist kostbar für den roten Mann – denn alle Dingen teilen denselben Atem – das Tier, der Baum, der Mensch – sie alle teilen denselben Atem.
Der weiße Mann scheint die Luft, die er atmet, nicht zu bemerken; wie ein Mann, der seit vielen Jahren stirbt, ist er abgestumpft gegen den Gestank.
Aber wenn wir Euch unser Land verkaufen, dürft Ihr nicht vergessen, daß die Luft uns kostbar ist, daß die Luft ihren Geist teilt mit all dem Leben, das sie enthält. Der Wind gab unseren Vätern den ersten Atem und empfängt ihren letzten. Und der Wind muß auch unseren Kindern den Lebensgeist geben. Und wenn wir Euch unser Land verkaufen, so müßt Ihr es als ein besonderes und geweihtes schätzen, als einen Ort, wo auch der weiße Mann spürt, daß der Wind süß duftet von den Wiesenblumen.

Textquelle:
"Häuptling Seattles Rede", Lamuv Verlag Göttingen

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There is no place in the white man’s cities quiet enough to hear the unfurling of leaves in Spring or the rustle of insects’ wings. In the white man’s cities, one is always trying to outrun an avalanche. The clatter only seems to pierce the ears. But what is there to living if a man cannot hear the lonely cry of the thrush or the arguments of the frogs around a pond at night?
But I am a red man and do not understand. I prefer the wind darting over the face of a pond and the smell of the wind itself, cleansed by a midday rainshower. The air is precious to the red man, for all things share the same breath – the beasts, the trees, and man, they are all of the same breath.
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The white man does not mind the foul air he breathes. Like a man in pain for many days, he is numb to the stench.
But if we sell our land, you must remember that the air is precious to us, and our trees, and the beasts. The wind gives man his first breath and receives his last sigh. And if we sell you our land, you will keep it apart and sacred, as a place where even the white man can go to taste a wind sweetened by meadow flowers.

source:
William Arrowsmith: "Speech of Chief Seattle, January 9th, 1855"

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