"Als der Hof sich ein halbes Jahr lang nach Plesse, einer oberschlesischen, promnitzischen Standesherrschafft, begab, lernete ich so wohl daselbst, als in Krakau, die polnische und hanakische Musik, in ihrer wahren barbarischen Schönheit kennen. Sie bestund, in gemeinen Wirthshäusern, aus einer um den Leib geschnalleten Geige, die eine Terzie höher gestimmet war, als sonst gewöhnlich, und also ein halbes dutzend andere überschreien konte; aus einem polnischen Bocke; aus einer Quintposaune, und aus einem Regal...Man sollte kaum glauben, was dergleichen Bockpfeiffer oder Geiger für wunderbare Einfälle haben, wenn sie, so offt die Tantzenden ruhen, fantaisieren. Ein Aufmerckender könnte von ihnen, in 8. Tagen, Gedancken für ein gantzes Leben erschnappen. Gnug, in dieser Musik steckt überaus viel gutes; wenn behörig damit umgegangen wird."
(Georg Philipp Telemann, über seine Zeit an der in der Lausitz gelegenen Sorauer Residenz 1705-1708)
A la polacca ist Teil eines Konzertprojektes, das Bearbeitungen dreier hanakischer Kompositionen Telemanns, drei Arrangements polnischer Volkslieder und sechs Improvisationen in einer ungewöhnlichen, "bunten", am ehesten den folkloristischen Stücken nahestehenden Besetzung zusammenführt. Dabei beziehen sich drei der Sätze von A la polacca auf Liedmelodien der Lemki ("Tuxa Boda", "Dymaho Dymaho", "Tomy Koca Kosa") und drei auf Stücke Telemanns ("Hanasky", "Polonez", "Murky"), von denen sie jeweils in unterschiedlichem Maße auch Material beziehen.
Außer durch ihren geographischen Ursprung und die Bezugnahmen Telemanns sind die barocken Kompositionen und die Volkslieder historisch bedingt ja durch die sogenannte Einheit des Affektes verbunden, was in meinen Stücken durchaus aufgegriffen, aber notwendigerweise ebenso in Frage gestellt wird. Verschiedene Herangehensweisen beschreiben ferner meine Bezugnahmen und die Veränderungen des Gegebenen: Wiederaufnahme und Fortführung der Schlußtakte (I., II.), stetes harmonisches Fallen (II.), Wiederverwendung von Bordun und Heterophonie (III., IV.), allmähliche Vereinigung von Bruchstücken zu fremdartigen Konstellationen (V.), Gegenüberstellung starker Kontraste (VI.). Es entsteht eine auf quasi Sedimentiertem beruhende Stückfolge, eine Fortschreibung von Bezogenheiten, eine Art von Aktualisierung und Weiterverwandlung zweier Musizierhaltungen ins Heute.