Alois Bröders Komposition Nachträume aus dem Jahr 2015 umkreist das Schubertsche Lied von einer Seite, die das quasi Gitarristische der Vorlage, die gleichförmige Schicht der Begleitfiguren, bewusst ausblendet. Bei Bröder erscheint in traumartiger Vergrößerung ein rhythmisches Motiv aus dem Vorspiel von Schuberts Lied, vier gleichlange Notenwerte, das herausgegriffen und zur beherrschenden Gestalt seines Stückes wird. Es bildet gleichzeitig das metrische Muster der Verse des Gedichts ab: vierhebige Trochäen. Die viertönigen Phrasen im langsamen Tempo werden nebeneinandergestellt und minimalistisch variiert, einstimmig, oktaviert oder ausharmonisiert. Motivische und harmonische Anklänge an Schubert deuten sich eher unbestimmt an, bevor das 30 Takte umfassende Stück in den letzten fünf Takten schließlich als Zitat in das Vorspiel des Liedes einmündet und mit ihm verklingt – eine auskomponierte Aufforderung zu der im Collin-Text gewünschten „Wiederkehr“ der Träume, die dann in Schuberts Lied selbst erschiene... Bröder hat auch den Text des Liedes direkt in seine Komposition mit aufgenommen, denn der Gitarrist hat hier nicht nur sein Instrument zu spielen, sondern er setzt auch seine Stimme ein, um die Verse in freiem Rhythmus simultan flüsternd vorzutragen.

Martin Wilkening (im CD Booklet)