Luft und Farbe

Ein rasanter "Vorhang" eröffnet den ersten Satz, ein "ear catcher" aus Tremolo und Sextolenläufen. Aus diesem schält sich ein Puls heraus – der Ton h erklingt in akzentuierten Vierteln, wird von einem Instrument zum nächsten gereicht. Diese Konstante des Tones h wird nun ausgeleuchtet, indem sie in immer neue Relationen gesetzt wird. Es handelt sich dabei um "Umkreisungen" von h in Sekundintervallen, um tremolierte oder getrillerte Liegetöne sowie Naturtonreihen der Hörner. Im Verlauf des Stückes treten immer stärker geräuschhafte Klänge hinzu, Klappengeräusche und Luftströme, die genau notiert sind und am Ende des Satzes als ostinate Figuren eine gefestigte Struktur darstellen. H ist also Hauptton und "Hauchton" – das Geräusch des Atmens (Hhhhh) wird konstituierend im Verlauf des Satzes. Zwar war dies bei der Komposition des Satzes nicht unbedingt intendiert, der Komponist widerspricht dieser Sichtweise jedoch auch nicht.

Spielten die Hörner schon im ersten Satz vereinzelt Naturtonreihen, so werden diese im zweiten Satz bestimmendes Element. Die beiden Hörner eröffnen den Satz mit sanglichen Linien, werden unterbrochen von agitierenden Sextoleneinwürfen – Bröder nennt sie "Störfeuer" – , die schließlich die Hörner zum Verstummen bringen und in einer hochvirtuosen Partie dominieren. Beruhigung bringt der schon aus dem ersten Satz bekannte regelmäßige Puls, der nun allerdings nur im Horn in Vierteln erklingt, von den anderen Stimmen hingegen in synkopierten und punktierten Triolen und Quintolen "verzogen" wird. Wie im ersten Satz durch die ostinaten Geräuschfiguren, so verfestigt sich der Schluß des zweiten Satzes ebenfalls durch wiederkehrende intervallische und rhythmische Muster.

Magnus Bastian
(in: Programmheft zum 5. Konzert „Soli fan tutti“ des Staatstheaters Darmstadt, 18.3.2007)