Es gibt viele Arten von Pausenzeichen, und fast alle verwenden das Material eines gebrochenen Dur-Dreiklangs in der kühlen Klanglichkeit eines synthetisch Generierten. Diese von Sounddesignern angefertigten akustischen Signale mit ihrer alles überlagernden Funktionalität tönen aber zumeist bar jedes Musikalischen. Innerhalb von Konzertveranstaltungen wird ihre innere Armut besonders deutlich, da in unmittelbarer Nachbarschaft zu tatsächlich erklingender Musik ein extremer Kontrast klanglicher Qualitäten ins Bewußtsein rücken kann.
20 Signale übernimmt für die Dauer einer Symphoniekonzertsaison die Funktion jener Pausenzeichen, indem das Orchester selbst sie spielt. 20 eineinhalb- bis dreiminütige Orchesterstücke rufen das Publikum vor dem Beginn beider Konzerthälften durch die geöffneten Türen in den Saal. Wenn sich die Zuhörer auf ihren Plätzen eingefunden haben, werden die Kurzkompositionen, nun natürlich auch sicht- und exakt hörbar, wiederholt. Für dieselbe instrumentale Besetzung komponiert wie das darauf folgende Stück und auch inhaltlich auf es bezogen, geht jedes der 20 Signale dann nahezu nahtlos in das eigentliche Programm des Abends über.
Beabsichtigt ist somit eine funktionale Musik im besten Wortsinne, die eigenständig und differenziert formuliert eine Verbindung schafft zwischen den Lauten des Alltags und den großen Orchesterkompositionen der ferneren und näheren Vergangenheit. Daß dadurch der gewohnte Konzertablauf partiell aufgebrochen wird, ist ebenso ein gewünschter Seiteneffekt, wie daß der entstehende ferne Orchesterklang an tradierte Momente erinnern mag, in denen der Ausdruckswille bestimmte Instrumente zeitweise hinter die Bühne positioniert hatte.
Übersicht:
Signal I: Carl Maria von Weber: Ouvertüre zu "Der Freischütz"
Signal II: Robert Schumann: Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61
Signal III: Georges Bizet: "Jeux d'enfants", Petite suite d'orchestre op. 22
Signal IV: Claude Debussy: "Images pour orchestre Ibéria"
Signal V: Robert Schumann: Ouvertüre zu "Manfred" es-Moll op. 115
Signal VI: Pjotr Iljitsch Tschaikowski: Symphonie Nr. 6 h-Moll op. 74
Signal VII: Wolfgang Amadeus Mozart: Serenade c-Moll "Nachtmusique" KV 388
Signal VIII: Johannes Brahms: Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68
Signal IX: Jean Fery Rebel: "Les Elémens"
Signal X: Joseph Haydn: Symphonie Nr. 100 G-Dur "Militärsymphonie"
Signal XI: Wolfgang Amadeus Mozart: Konzertarie "Nehmt meinen Dank, ihr holden Gönner" KV 383
Signal XII: Gustav Mahler: Symphonie Nr. 4 G-Dur
Signal XIII: György Kurtág: "...quasi una fantasia..." op. 27 Nr. 1
Signal XIV: Béla Bartók: "Der holzgeschnitzte Prinz" Orchestersuite op. 13
Signal XV: Franz Schreker: Kammersymphonie
Signal XVI: Franz Schubert: Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944
Signal XVII: Nikolai Rimski-Korsakow: Suite aus "Der goldene Hahn"
Signal XVIII: Sergej Prokofjew: Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100
Signal XIX: Richard Strauss: "Träumerei am Kamin" Zwischenspiel aus "Intermezzo" op. 72
Signal XX: Richard Strauss: "Ein Heldenleben" op. 40