In der Komposition Left Silence des Zeitgenossen Alois Bröder (Jahrgang 1961) schlägt sich das Leiden an deutscher Vergangenheit nieder. Wo sich viele Menschen lustvoll der Verdrängung hingeben ("Man sollte die Vergangenheit endlich ruhen lassen" ist eine typische Formel), weicht Kunst nicht aus. Das macht sie so wertvoll, das macht sie so konfliktfähig.
Alois Bröder hat Texte von Richard Exner vertont, die das Auschwitz-Grauen reflektieren, ohne es direkt in Worte zu fassen. Bröder findet eine aufrüttelnde Orchestersprache und Gesangsformen zwischen deklamatorischem Aufschrei und kantilener Verinnerlichung, die von Silvia Hablowetz mit scheinbar untrüglichem Gespür ungewöhnlich nahe gehend angedeutet wurden.
Das aufgeschlossene Publikum schenkte dieser Uraufführung gebührende Beachtung und dankbaren Beifall.

Eckhard Britsch
(in: Neue Westfälische, 24.12.2001)

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Alois Bröder verzichtet in seinem Liederzyklus Left Silence für Mezzosopran und Orchester nach Texten von Richard Exner fast ganz auf eine melodiöse Stimmführung. Die der Solostimme übertragenen Motive haben symbolischen Charakter und bedeuten in ihrer Form jeweils Stationen menschlicher Entwicklung. Der begrenzte Tonraum in dem Portrait eines Kindes weitet sich über das Morgenlied bis zum ungebändigten Aufschrei der Freiheit und verengt sich wieder in Stummes und Ewigkeit. Das Orchester schildert die Stationen ohne lautmalerische Darstellung einzelner im Text genannter Begriffe. So vermeidet Bröder z.B. im ersten Lied bei den Worten "Jetzt spiegeln sie (die Augen), zwischen Fristen von Schlaf...den Himmel", diesen "Himmel" mit wohlklingenden Tönen darzustellen, weil die gesamte Atmosphäre des Gedichtes vom Bewußtsein künftiger "Schrecken" und "Tränen" geprägt ist. Die Darstellung der Situationen, vom Aufbegehren bis zur Resignation, die auch Jánačeks Komposition prägte, ist hier noch so sehr gesteigert, daß die Singstimme manchmal keine Chance hatte, verstanden zu werden. Gerade solche Momente machten den Zuhörer aber betroffen, genauso wie der Schluß des Werkes, wenn nach dem Todesschrei sich die Spannung gänzlich löst. Daß die Komposition so beeindruckend war, lag in hohem Maße auch an der herausragenden Leistung der Künstler.

Armin Kansteiner
(in: Westfalen Blatt, 27.12.2001)

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