Zum zweiten Höhepunkt des Abends wurde die einzige Uraufführung. Sept Nouvelles Variations hat der Darmstädter Komponist Alois Bröder sein 2012 entstandenes Orchesterstück genannt, das in kurzen Sätzen musikalische Vorbilder aufgreift. Dabei ist die Technik der Verwandlung unterschiedlich. Mal ist es das Spiel mit bekannten Motiven, die sich verflüchtigen, sobald das Gehör sie dingfest machen kann, beim sechsten Satz löst Bröder wuchtige Akkordschläge aus Schumanns Klavierquintett heraus, die er allmählich melodisch füllt. Am faszinierendsten ist ihm vielleicht der Einstieg gelungen, der den Beginn der Barcarole aus "Hoffmanns Erzählungen" zitiert hier ist alles Anfang, Vorbereitung, Andeutung, und wenn sich die Musik in den wiegenden Rhythmus einschwingt, ist sie auch schon wieder vorbei.
Besonders die Orchesterbehandlung ist Bröder sehr überzeugend gelungen, und der scheidende Generalmusikdirektor Martin Lukas Meister lässt mit einem großartig aufgelegten Staatsorchester die Partitur leuchten. Es ist eine intelligente Musik über Musik, die mit Andeutung und Täuschung spielt, mit Wahrnehmung und Erinnerung, und die auf diese Weise das Hören selbst zum Thema macht.
Wie raffiniert Bröders Instrumentation ist, erkannte man an diesem Abend besonders am Kontrast zu den bisweilen recht undifferenziert klingenden Effekten, die Alessandro Cadario in "Rilkes Weg" erzielt.