Von zeitloser Gültigkeit scheint Alois Bröders Komposition Sehnsucht nicht so sehr wegen des vertonten, gleichnamigen Rückert-Gedichts, sondern weil in die romantischen Verse parlamentsübliche Anredeformen eingewoben sind. Da sich die Vertreter des Volkes mit "Arschloch" bis "Zuhälter"  wechselseitig zu identifizieren pflegen, ist man um eine Kurzcharakteristik des politischen Geschehens nie verlegen. Zum zweiten Mal hörte man binnen Jahresfrist das Werk des 1961 geborenen Darmstädter Komponisten jetzt im Konzert des con tempo-Ensembles im Theaterhaus und war ob des Bonner Erkennungsrufes "Putzlumpen" wieder einmal von parlamentarischer Hellsicht überzeugt.
So spannungsreich wie zwischen Rückerts "Vögelein" und den respondierenden Dreckspatzen und Aasgeiern ging es bei den anderen Stücken nicht zu, wohl aber kaum minder anregend. Das von Udo Diegelmann meisterhaft gespielte Marimbaphon, zentraler Pfeiler aller Werke, blieb frei von jedem weichmacherischen Gestus, der bei den glockigen Klängen immer in der Luft liegt.

Bernhard Uske
(in: Frankfurter Rundschau, 23.1.2001)

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