Im Werkverzeichnis des 1961 in Darmstadt geborenen Komponisten Alois Bröder findet sich neben Werken für Orchester, Ensemble und kleinere Kammermusikbesetzungen, Vokalmusik und elektronischer Musik auch eine ganze Reihe von Kompositionen, die unter der Überschrift "Musik für Kinder und Jugendliche" zusammengestellt sind. Das läßt vermuten, daß es Bröder ein besonderes Anliegen ist, Kindern und Jugendlichen Neue Musik verständlich zu machen und nahe zu bringen. Im Kölner Verlag Tonger sind nun unter dem Titel Schattenlicht die bereits 1992 entstandenen und ein Jahr später uraufgeführten "sechs viel zu schwere(n) Stücke für junge Pianisten", wie Alois Bröder im Untertitel hinzufügt, erschienen. Die Edition erfolgte in zwei Versionen: Neben der reinen Notenausgabe liegt eine von Susanne Resch illustrierte Fassung vor, deren in Aquarelltechnik gestaltete bildliche Deutungen einen visuellen Einstieg in die Stücke anbieten. Die Anknüpfungspunkte der Illustrationen an die Musik sind unterschiedlicher Natur: Mal wird der musikalische Charakter in eine außermusikalische Idee überführt, mal die kompositorische Struktur oder die Spielbewegung in einem Emblem konkretisiert.
Die sechs atonal konzipierten Klavierstücke sind traditionell notiert, melodisch und rhythmisch gut erfassbar, unter technischem Aspekt nicht schwer zu nennen: Es ist keine typisch pianistische Virtuosität gefordert. Auch wenn die Stücke alle Register der Klaviatur einbeziehen, kommt man abschnittweise mit jeweils einer Handposition aus, auch sind keine großen Hände nötig. Allerdings müssen die Stücke gestaltet werden, die wenigen Töne der filigranen Zweistimmigkeit des ersten Stücks müssen dynamisch und agogisch auf den Punkt gebracht sein, damit sich der gewünschte wiegende Charakter einstellt. Um die konträren Elemente des zweiten Stücks (harte Staccato-Bässe, eine Kantilene und eine Walzer-Reminiszenz) auch für die HörerInnen erlebbar zu machen, braucht es eine klare Unterscheidung durch den Interpreten; hierfür sicherlich hilfreich sind geometrische Zeichen, die den Notentext zusätzlich erläutern. Das dritte Stück, ein schnelles Perpetuum mobile, ist in seiner Unregelmäßigkeit vielleicht das schwerste der Sammlung. Die bildnerisch assoziierten Naturphänomene der letzten drei Stücke - Blitz, Vulkan und Sonnenuntergang - sind wertvolle Hilfen, das von Alois Bröder unter pianistischen Ansprüchen bewusst überschaubar gehaltene Material zum Klingen zu bringen. Eine Herausforderung!
Ich empfehle, für die Arbeit mit Schülerinnen die illustrierte Ausgabe zu wählen.
Maria Zeidler-Kröll
(in: Üben und Musizieren 1, Februar/März 2006)
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Sechs eigenwillige Vignetten, für junge neugierige Finger in der Tonsprache unserer Zeit geschrieben, um zu ihr den Zugang zu erschließen, um darauf neugierig und Lust zu machen, einfach, ohne simplifizierend zu sein und doch nicht zu einfach, weil anspruchsvoll im musikalischen musikantischen Ergebnis. Dazu im traditionellen Notenbild überschaubar und verständlich.
Eckart Rohlfs
(in: nmz April 2007)
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