Auch Alois Bröders Sept Variations treiben ein doppelbödiges Spiel: Sieben "Hörfenster" öffnen sich, in denen gegebenes musikalisches Material (von Schubert bis Mahler) siebenfach variiert wird. Bröders Ansatz – musikalische Entwicklung sollte kein wertiges Oben und Unten kennen, sondern als Netzwerk- oder Wurzelgeflecht verstanden werden – teilte sich in der Komposition deutlich mit.
Eine Schumann-Klammer (Material aus dem "Nachtlied" und dem "Liederkreis") hält die sieben Teile zusammen; der Komponist setzt Fragezeichen (Schuberts "Impromptu op.90/1") und erweckt die "Originale" in neuen Kontexten zu neuem Leben. Christian Rudolf Riedel entlockte der tonschön und engagiert spielenden Kammerphilharmonie exquisite Klangfarben; der Schluß ("Und keiner kennt mich mehr hier" aus Schumanns erster Eichendorff-Vertonung im "Liederkreis") war so etwas wie das Motto des Abends – Musik im entfremdeten Kontext.

Michael Neuner
(in: Frankfurter Rundschau, 20.11.2000)

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"Variation" steht hier für "Veränderung" im ursprünglichen Sinne: Die sieben Variationen setzen sich konstruktiv mit Elementen, Momenten und Materialien von sieben Komponisten der Vergangenheit auseinander: Schumann, Jánaček, Debussy, nochmals Schumann, Schubert, Mahler und abermals Schumann. Dabei treten die originalen Stellen durch verschiedene Verarbeitungstechniken – etwa Dehnung zeitlicher Abläufe, Verwandeln von ursprünglich nacheinander Erklingendem in simultan Gespieltes, verfremdend-kommentierende, kontrastierende Harmonik, akribisches Betrachten von musikalischen Ereignissen wie unter einem überdimensionalen Vergrößerungsglas – kaum noch in Erscheinung. Inmitten einer Umgebung voller Überraschungen und origineller Einfälle leuchten sie mitunter nur kurz auf. Hier gelang ein kurzweiliges Werk voller spannender, in ihrer raffinierten Orchestrierung immer wieder überraschender Momente.

Joachim Wormsbächer
(in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2000)

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