Von Robert Schumann stammt der zu beherzigende Satz: "Ehre das Alte hoch, bringe aber auch dem Neuen ein warmes Herz entgegen." Das Theater Vorpommern hat den Meister einmal mehr beim Wort genommen und vorgestern "neugierige Ohren" zu einem Kammerkonzert in das Pommersche Landesmuseum geladen. Es gab Altes und Neues; es gab Schumann selbst und einen heutigen Zeitgenossen, dem der Komponist Stoff und Anregung für ganz eigene und stilistisch natürlich ganz andere kompositorische Überlegungen war.
Mit berechtigter Neugier hatte der Programmablauf einiges zu tun: zunächst war da Schumanns Eichendorff-Zyklus op. 39 (Anette Gerhardt, Sopran, GMD Prof. Mathias Husmann, Klavier), dann gab es als Uraufführung Alois Bröders rein instrumentale Metamorphosen über dieses Opus (fünf Streicher, acht Bläser, Klavier, Harfe, Schlagzeug) und am Schluss – eine erneute Uraufführung – das Zusammenfügen beider Versionen, inklusive nun zusätzlich erklingender Interpolationen (Einfügungen, Überleitungen).
Schumann und Bröder – da fehlt es natürlich nicht an provozierenden Kontrasten: 19. Jahrhundert dort, engagiert neue kompositorische Mittel hier. Schumann sprach da für sich selbst, Bröder sicher auch, in seiner ersten, instrumentalen Version aber zumindest für den Hörer noch ungenügend "grundiert". Das änderte sich mit dem Zusammenwirken aller. Fünfzig Minuten konzentrierte Nahtlosigkeit im Ablauf von Lied, Instrumentalem und instrumental angereichertem Lied schienen musiksprachliche Kontraste zu entschärfen und eine teils verblüffend wirkungsvolle andere, neue Einheitlichkeit zu stiften. Diverse Kunstgriffe des Komponisten, der seinen Zyklus rückläufig zu dem Schumanns anlegt und in den Einzelepisoden jeweils auch nur musikalische Einzelaspekte, also keine musikalischen Stimmungen metaphorisch akzentuierte, sind – unüberhörbare Bezüge zum Original ausgenommen – schwerer nachzuvollziehen. Das unorthodoxe, gleichwohl hörenswerte akustische Ergebnis aber hatte vorgestern offensichtlich viele neugierige Ohren zu interessieren vermocht. Rechtens, denn Sängerin, Pianist, Musiker unserer Philharmonie und Dirigent Henning Ehlert sorgten für eine überzeugende Präsentation.

E. Ochs
(in: Ostsee-Zeitung, 20.9.2005)

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