Alois Bröders gleichermaßen sinnlicher und sachlicher, intuitiver und planvoll bauender Umgang mit musikalischem Material lässt sich in seiner mit der Gitarre verbundenen Kammermusik wie durch ein Vergrößerungsglas betrachten. Die klare Struktur im formalen Aufbau der Stücke bietet ebenso wie die Reduktion der Länge und der Besetzung einen freien Blick auf die immense Bandbreite klanglicher Möglichkeiten dieses mitunter als begrenzt empfundenen lyrisch-zarten Instrumentes – eine Bandbreite, welche sich vor allem im sublimen Reich der Details offenbart und vom Komponisten mit experimentell-spielerischer Lust ausgekostet wird. Bezeichnend ist, daß die Gitarre bei Bröder keineswegs mit typischen Gesten zur Selbstdarstellung neigt, quasi sich als virtuoses Soloinstrument erkundend. Auch die Rolle der unterstützenden Begleiterin hat sie gänzlich abgelegt. Vielmehr geht sie auf die Suche nach ‚fremden’ Instrumentalklängen, lässt sich über den Dialog hinaus auf eine intime Kommunikation bis zur Verschmelzung mit ihnen ein. So fällt es selbst in der als schwierig geltenden Kombination von Gitarre und Klavier auf, daß musikalische Bögen, Gesten und Farben des einen Parts oft vom ‚Gegenüber’ vorbereitet oder fortgeführt werden, ohne daß dies jemals bruchstückhaft oder konstruiert wirken würde. Das Gegenüber wird damit zur echten Ergänzung, gewissermaßen zur Verlängerung des eigenen Arms, mindestens aber zum würdigen Dialogpartner. Obwohl es der Komponist nicht explizit verbalisiert, verwirklicht sich dieses Prinzip des Ineinanderaufgehens in einem größeren Metainstrument in jedem der nichtsolistischen Stücke. Die ‚Saiten-Sprünge’ der Gitarre Bröders tragen bunte Früchte: dem über den Korpusrand hinausgehenden Blick ist eine anregende Vielfalt musikalischer Konsequenzen zu verdanken, die zudem aufgrund der inneren Logik nicht einen Moment reizheischend wirkt.

Veronika Jezovšek